Der Schritt in die Selbständigkeit - Teil 2

Der Kapitalbedarf für meinen Betrieb und mein Unternehmerlohn

Wer ein Unternehmen gründen bzw. sich selbständig machen möchte, muss sich zunächst einmal darüber Gedanken machen, welche Investitionen für die Gründung notwendig sind, d. h. was muss ich anschaffen, was ist bereits vorhanden? Außerdem muss man sich darüber Gedanken machen, was kommt an betrieblichen Kosten auf mich zu. Diese Angaben werden im Kapitalbedarfsplan festgehalten, der Bestandteil des Businessplanes ist.

Dabei ist es egal, ob das Vorhaben Selbständigkeit aus eigenen Ersparnissen oder mit Hilfe eines Darlehens finanziert werden soll. Die Erarbeitung eines Kapitalbedarfsplanes ist von großer Wichtigkeit. Anderenfalls riskiert man, dass das Geld am Ende nicht ausreicht.

Möchte man auf öffentliche Fördermittel bzw. Förderdarlehen zugreifen, sollte man beachten, dass von der Beantragung bis zur Bewilligung einige Zeit vergeht. Außerdem können öffentliche Fördermittel immer nur vor der Gründung bzw. vor der geplanten Investition beantragt werden.

Zu jeder Gründungsvorbereitung gehört somit eine gründliche Kapitalbedarfsplanung.

Was muss man nun ermitteln?

1. Kapital für Sachinvestitionen

Betriebs- und Geschäftsausstattung

Das kann alles Mögliche sein:

  • Büroausstattung (Möbel, Schreibtisch, PC, Drucker, Kopierer etc.)
  • Gebäude (wenn z. B. ein Betriebsgebäude gekauft werden soll)
  • Maschinen und Anlagen (z. B. Laserdrucker oder Plotter einer Werbeagentur / Rasentraktor, Kehrmaschine, Minibagger eines Gartenbaubetriebes / Studioausstattung, Needling-Pen, Wonderlift-Aqua-Peel, Bedampfer etc. eines Kosmetikstudios etc.)
  • Fuhrpark (PKW, LKW, Anhänger, Traktoren etc.)
  • Lizenz- und Franchisegebühren
  • Kaufpreis bei Übernahme

Überlegen Sie genau, was alles benötigt wird, und trennen Sie dabei in Neuanschaffung und in Gegenstände, die bereits vorhanden sind und in den Betrieb eingelegt werden können.
Für die Gegenstände, die neu angeschafft werden sollen, kann eine Recherche bei den entsprechenden Anbietern im Internet erfolgen. Drucken Sie dazu diverse Angebote aus, um so eine Vorstellung über die Kaufpreissumme Ihrer Sachanlageninvestitionen zu bekommen.
Für die Gegenstände, die Sie in den Betrieb einlegen möchten, müssen Sie zunächst klären, ob der Gegenstand einlagefähig ist. Nicht eingelegt werden dürfen Wirtschaftsgüter, die zum notwendigen Privatvermögen gehören. (z.vB. Ihr zu Wohnzwecken genutztes Eigenheim können Sie nicht in den Betrieb einlegen).

Können Sie den Gegenstand einlegen, muss ein sogenannter Einlagewertermittelt werden. Diesen können Sie entweder errechnen, wenn Sie den Kaufbeleg noch haben:

 Einlagewert=Anschaffungswert-Abschreibung
(für den Zeitraum von der Anschaffung bis zur Einlage)

oder wenn Sie keinen Kaufbeleg mehr haben, auf diversen Verkaufsplattformen nachschauen, ob Sie einen vergleichbaren Gegenstand finden, und diesen Wert für Ihre Einlage annehmen. Drucken Sie aber auf jeden Fall einen Beleg dazu aus, damit Sie immer nachweisen können, wie und warum Sie diesen Wert für Ihre Einlage angesetzt haben!

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es sich bei der Planung des anzuschaffenden Anlagevermögens um eine vorausschauende Planungmindestens für die nächsten 3 bis 5 Jahre handelt!
Es gilt also genau zu überdenken, was benötigt wird und auf was man gegebenenfalls verzichten kann oder wo man sparen kann.  Büroeinrichtungen, Geräte, Anlagen, Maschinen kosten mitunter nur ein Viertel des Neuwerts, wenn sie gebraucht gekauft werden. Aber: Eine ärmlich wirkende Ausstattung kann auch Kunden "abschrecken". Leasing von Fahrzeugen, Maschinen, Geräten kann den Gründungsetat spürbar entlasten. Aber: Leasing ist in der Regel auch teurer. Rechnen Sie in jedem Fall das Angebot durch.

Gründungskosten

Hier sind die betrieblichen Kosten für die Anlaufphase zu ermitteln. Dazu gehören:

  • Eventuelle Beratungskosten, das sind z. B. der Eigenanteil der Beratungskosten für ein Gründercoaching über die Investitionsbank (IB), Steuerberatungskosten, wenn der Steuerberater bei der Erstellung des Businessplanes hilft, Notarkosten bei der Gründung einer GmbH.
  • Genehmigungen und Anmeldungen, wie Kosten für die Gewerbeanmeldung (25,00 bis 40,00 €), HR-Eintragung, Baugenehmigungen, Zulassungen etc.
  • Markterschließungskosten, wie Visitenkarten, Internetauftritt, Auto- oder Schaufensterbeschriftung, Werbebroschüren, Anzeigen in diversen Zeitschriften, aber auch die Werbeaktionen im Rahmen der Eröffnung, Kosten für eine geplante Eröffnungsfeier
  • Materialeinkauf für eine erste Warenausstattung oder Grundausstattung (gesplittet nach 7 und 19% Umsatzsteuer)
  • Renovierungskosten/Umbaukosten für angemietete Betriebsräume inklusive Reinigungskosten und
  • Maklerprovision und/oder Mietkaution

Diese Kosten sind nicht zu unterschätzen!

Kosten der betrieblichen Anlaufphase (Umlaufvermögen)

Auch die laufenden monatlichen Kosten für Ihr Unternehmen wollen geplant sein. Mit welchen Kosten bzw. Betriebsausgaben muss ich rechnen?
Wir unterscheiden zwischen variablen (umsatzabhängigen) und den fixen Kosten.

Zu den fixen Kosten zählen:

  • Miete,
  • Versicherungsgebühren,
  • Personalkosten,
  • Abschreibungen,
  • Zinsen aus langfristigen Krediten,
  • Strom, Heizung, Wasser/Abwasser.

Die fixen Kosten stellen einen notwendigen Kostenfaktor im Unternehmen dar. Eine Reduzierung der fixen Kosten ist daher oft nur langfristig realisierbar. Ziel bei der Gründung sollte es daher sein, die fixen Kosten dauerhaft so gering wie möglich zu halten. Handeln Sie daher, wenn Sie betriebliche Räume anmieten müssen, günstige Mietkonditionen aus und versuchen Sie langfristige Verträge zu vermeiden oder achten Sie auf günstige Kündigungsbedingungen. Überlegen Sie, bevor Sie Mitarbeiter einstellen, ob Sie bestimmte Aufgaben auch outsourcen können.

Variable Kosten sind in der Regel abhängig von der zu produzierenden Menge der Güter bzw. Dienstleistungen und sind demnach z. B. Materialkosten. Wenn Sie nicht wissen, wie hoch Ihre Materialkosten sein werden, orientieren Sie sich an Ihrem geplanten Umsatz und schauen Sie die Richtsätze zum Rohgewinn I der Finanzverwaltung für Ihre Branche an.

 Umsatz-Materialgewinn=Rohgewinn I
 100 %-53 %=Richtsatz z. B. 47 %
 3.500,00 EUR-1.855,00 EUR=1645,00 EUR

Zu den dann verbleibenden übrigen Kosten gehören:

  • Telefon
  • Büromaterial
  • Abfallbeseitigung
  • Bücher, Literatur, Zeitschriften
  • Buchhaltungskosten/Steuerbüro
  • Laufende Kraftfahrzeugkosten (Kraftstoffe, Reparaturen, Steuern etc.)
  • Kontoführungsgebühren
  • Portokosten
  • Reisekosten
  • Weiterbildungskosten
  • Werbung etc.

In der Summe sind auch diese Kosten nicht zu unterschätzen und sollten genau geplant werden.

Wenn alle Kosten zusammengetragen sind, gilt es zu überlegen, wie das ganze finanziert werden soll. Sind die zusammengetragenen Kosten nicht so hoch und werden die Umsätze durch die Kunden sofort beglichen, kann der Kapitalbedarf vielleicht aus eigenen Mitteln finanziert werden. Damit geht man mit seinem Privatvermögen in Vorleistung und tätigt zu Beginn der Selbständigkeit diverse Privateinlagen.
In der Regel erfolgt die Finanzierung aber aus einem Mix von Eigenkapital, Förderdarlehen und/oder Bankkrediten. Die anfallenden Zinslasten und Tilgungsraten der Darlehen, müssen in der Kapitalbedarfsplanung berücksichtigt werden. Denn auch hier handelt es sich um Kosten, die vom ersten Tag nach dem Unternehmensstart anfallen.
Mit welchen Mitteln der Unternehmensstart finanziert wird, ist im Finanzierungsplan zum Kapitalbedarfsplan auszuweisen.

Die laufenden betrieblichen Kosten sowie die Kosten für den eigenen Lebensunterhalt müssen (nach einer angemessenen Anlaufphase) über das Unternehmen gedeckt werden. Ob das Unternehmen dazu in der Lage ist, wird in der Rentabilitätsvorschau dargestellt. Die Erklärung zur Rentabilitätsberechnung erscheint im nächsten Blog.
Um gegen Zahlungsengpässe gewappnet zu sein, wird außerdem ein Überblick über die zukünftigen Einnahmen und Ausgaben erforderlich. Den erhält man mit Hilfe einer Liquiditätsvorschau. Kurzzeitige Zahlungsengpässe lassen sich zum Beispiel durch einen Kontokorrentkredit kurzfristig ausgleichen. Aber dazu später.

Kapitalbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Unternehmerlohn)

Zunächst einmal stellt sich die Frage: Wie viel müssen Sie mit Ihrer beruflichen Selbständigkeit verdienen, um davon leben zu können?

Hierzu listen Sie alle monatlichen Ausgaben, die Sie für Ihren privaten Lebensunterhalt benötigen, auf.  Achten Sie darauf, die privaten Ausgaben eher großzügig zu kalkulieren und berücksichtigen Sie auch unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheit, Unfall, aber auch Reparaturen an Haus oder Auto. Wenn Sie ein Darlehen benötigen, legen den Bankenwert auf eine realistische Einschätzung.

Die Höhe Ihrer privaten Ausgaben bildet die Grundlage für Ihr monatliches "Gehalt", das Sie als Unternehmer beziehen. Wenn Sie ein Einzelunternehmen oder eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Personengesellschaft) gründen, nennt man dieses sogenannte „Gehalt“ Unternehmerlohn. Diesen Unternehmerlohn entnehmen Sie sich monatlich aus dem Gewinn Ihres Unternehmens.

 Umsatz-Betriebsausgaben=Gewinn (Unternehmerlohn)

Zu beachten ist, dass der erwirtschaftete Gewinn auch für weitere Investitionen im Unternehmen verwendet wird, also nicht vollständig für die Verwendung der privaten Ausgaben zur Verfügung steht. Außerdem sollten Sie immer auch über ein gewisses finanzielles Polster an liquiden Mitteln verfügen, um unvorhergesehene Ausgaben im Unternehmen finanzieren zu können.

In der beigefügten Vorlage zur Ermittlung des Unternehmerlohnes erfassen Sie zunächst die privaten Einnahmen:

  • Nettogehalt Lebenspartner
  • Kindergeld/Elterngeld/Unterhalt
  • Sonstige Einnahmen (Mieteinnahmen, Renten, etc.)

Wer das Einkommen seines Partners nicht nennen möchte oder wer z. B. mit seinem Partner getrennte Kassen führt, kann die Angabe des Nettogehaltes vom Partner auch weglassen, muss dann aber darauf achten, dass nur die eigenen privaten Ausgaben erfasst werden.

Bei den Ausgaben zur Krankenversicherung, Rentenversicherung, freiwillige Arbeitslosenversicherung und der Rücklage für die Einkommensteuer ist folgendes zu beachten:

Die Höhe der Beiträge der Krankenversicherung wird vom erwirtschafteten Gewinn berechnet. Diesen Betrag können Sie erst eintragen, wenn Ihre Rentabilitäts-berechnung steht. Beachten Sie auch, dass Sie als Unternehmer den vollen Beitrag zahlen (14,6% zuzüglich des Zusatzbeitrages der jeweiligen Krankenkasse).
Wer Gründungszuschuss über die Agentur für Arbeit beantragt und erhält, muss diesen zu seinem Gewinn hinzurechnen und dann mit dem Beitragssatz seiner Krankenkasse multiplizieren.
Bei der Rentenversicherung ist zu beachten, dass einige Berufsgruppen pflichtversichert sind, das heißt dass diejenigen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Hier gibt es einige Regeln und Hinweise zu beachten.
Die freiwillige Arbeitslosenversicherung, sagt ja bereits die Bezeichnung, ist freiwillig. Ich empfehle jedoch, diese erst einmal abzuschließen, um eventuelle Ausfälle überbrücken zu können.
Zu den Sozialversicherungsabgaben werde ich ausführlich im Blog über soziale und betriebliche Absicherung nähere Ausführungen machen.

Gründen Sie eine Kapitalgesellschaft, würden Sie als angestellter Geschäftsführer (Geschäftsführender Gesellschafter) ein Gehalt beziehen. Das Gehalt des Geschäftsführers wird dann als Betriebsausgabe in den Kosten erfasst. Über den Gewinn einer Kapitalgesellschaft entscheidet die Gesellschafterversammlung. Die Möglichkeiten der Gewinnverwendungen sind:

  • Gewinnausschüttung
  • Zuführung zu den Rücklagen
  • Verrechnung mit dem Verlustvortrag
  • Gewährung von Tantiemen an den Vorstand
  • Weiterführung von Gewinnanteilen als Gewinnvortrag

So liebe Gründungswillige, ein Teil des Finanzplanes ist geschafft. Für Fragen steht Ihnen der Gründungsberater der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Anhalt-Bitterfeld, Herr Braciejewski, mit Rat und Tat zur Seite.

In meinem nächsten Beitrag zum Thema Existenzgründung werde ich weiter über den zweiten Teil des Businessplanes – die Finanzplanung und hier speziell über die Rentabilitätsberechnung berichten und hilfreiche Tipps geben.

Ich wünsche Ihnen viel Freude auf dem Weg in die Selbständigkeit! 

Martina Bosse
Ehemalige Gründungsbegleiterin der EWG Anhalt-Bitterfeld mbH